Aller Anfang ist schwer – und sei es nur, den Auftaktgottesdienst der Reihe „Prominenz im Gespräch“ am 3. Juli 2011 zu erreichen. Denn die Plätze im Ostchor des Naumburger Doms waren begrenzt. Wer Dr. Margot Käßmann, ehemalige Ratsvorsitzende der EKD und Bischöfin a.D., hören wollte, musste sich rechtzeitig dafür anmelden. Vielen blieb nur die Möglichkeit, dem Gottesdienst mit Blick auf die Bildwand im Domgarten beizuwohnen. Immerhin. Gelungen war der Auftakt der Predigtreihe, die nun in dreiwöchigem Abstand bis zum Ende der Landesausstellung fortsetzen wird, dennoch.
Die Stifterfigur der Uta von Ballenstedt stand im Mittelpunkt der Meditation, die Pfarrer Michael Bartsch zu Beginn des Gottesdienstes hielt. Sie sei ein Symbol für die Liebe, die Caritas, die sich andern zuwendet, die mit anderen Augen sieht, die bereit ist loszugehen und sich einzusetzen.
Unter Leitung von Domkantor KMD Jan-Martin Drafehn brachte der Naumburger Domchor, unterstützt von Solisten und dem Ensemble Musici d’Numburg, die Kantate „Wer da gläubet und getauft wird“ (BWV 37) von Johann Sebastian Bach zu Gehör. In ihr wird der Weg zur Seligkeit, zur Gerechtigkeit vor Gott auf andere Weise beschritten, als es den Menschen des Mittelalters, so auch den Stifterfiguren des Naumburger Doms, möglich war. Nicht mehr gute Werke, sondern Gottes Gnade öffnet den Weg.
Margot Käßmann zeichnete in ihrer Predigt die großen Linien der reformatorischen Entdeckung auf: Die Bibel, die mit der Übersetzung Martin Luthers in die deutsche Sprache allen Menschen zugänglich wurde, ermöglicht es dem einzelnen, sich mit dem Glauben auseinanderzusetzen. Mit der Bildung wird Glaube zu selbstverantwortetem Glauben. Die Entdeckung in ihr: Gott schenkt das Leben. Niemand kann und niemand muss es sich verdienen. „Allein aus Glauben“ wird ein Mensch gerecht, „allein aus Gnaden“ empfängt er Gottes Liebe. Für die Menschen des Mittelalters war diese Entdeckung die Befreiung schlechthin – und sie ist es bis heute geblieben. Was damals allerdings die Kirche spaltete, ist heute gemeinsames Glaubensgut der christlichen Kirchen.
Dass Kirche eine Gemeinschaft der Glaubenden und der Befreiten ist, zeigte sich im Anschluss an den Gottesdienst, als sich etliche der Teilnehmenden in der Orangerie der Domschule St. Martin zu Kaffee, Kuchen und Schnittchen trafen, um miteinander zu reden, sich zu stärken, neue Menschen kennenzulernen. Natürlich wurde auch die Anwesenheit der prominenten Pfarrerin genutzt, um sich Bücher und sogar Gottesdienstbesuchsdienstkarten für Konfirmanden signieren zu lassen.
Die Konzeption dieser besonderen Gottesdienstreihe im Rahmen der Landesausstellung ist also voll aufgegangen: ein besonderes Thema mit einem besonderen Prediger, ein Ausstellungsgegenstand, der meditativ betrachtet wird, und die Musik einer Bachkantate, die neben Wort und bildender Kunst den dritten Zugang zu einem Thema anbietet.
Die weiteren Gottesdienste dieser Reihe finden Sie im Internet:
http://naumburgermeister.eu/index.php?id=311&no_cache=1&tx_ttnews[cat]=33