Es ist acht Uhr in der Früh am 6. November. In der Stadtkirche St. Peter in Hohenmölsen beginnt der Tag ungewöhnlich. Mitglieder des Aktionsbündnisses „Bunte Stadtt Braune“ versammeln sich, um gemeinsam in einen Tag zu starten, der sie mit Sorge erfüllt. Die NPD hat an diesem Tag ihren Bundesparteitag in Hohenmölsen. Alle Versuche, die Anmietung des Bürgerhauses zu verweigern, sind fehlgeschlagen.
Der braunen Gedankenwelt von NPD und DVU, die an diesem Tag ihre Vereinigung beschließen, setzt die Stadt mit ihrem Aktionstag die Vielfalt des Lebens, der Kulturen und Meinungen entgegen – und die eindeutige Aussage, dass nationalsozialistisches Gedankengut nie wieder Raum finden soll. Die beiden großen Kirchen, Vereine, Parteien – alle ziehen an einem Strang.
Zur Eröffnung des Aktionstages haben sich hunderte Bürger aus Hohenmölsen und vielen Orten des ganzen Burgenlandkreises versammelt. Von Thomas Wisch, Pfarrer des ev. Kirchspiels Hohenmölsen, werden sie begrüßt. Ministerpräsident Wolfgang Böhmer eröffnet den Aktionstag mit einer aufrüttelnden und ermutigenden Rede. Er erinnert daran, dass Deutschland schon einmal die Demokratie verspielt hat. „Das darf uns nicht noch einmal passieren.“
Um die Unterstützung der Landesregierung für den Aktionstag zu unterstreichen, sind außer Ministerpräsident Böhmer auch Innenminister Holger Hövelmann und Wirtschaftsminister Reiner Haseloff nach Hohenmölsen gekommen. Mitglieder von Land- und Kreistag sowie Vertreter vieler Kommunen unterstützen ebenfalls den Aktionstag.
Dechant Dietrich Letzner vom katholischen Dekanat Merseburg und Regionalbisch Siegfried Kasparick als Vertreter der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland stärken durch ihre Teilnahme den Ortsgemeinden den Rücken.
„Recht muss doch Recht bleiben“ – mit einem Gebet nach Psalm 94 weitet der Pfarrer der katholischen Gemeinde, Rudolf Hempel, den Blick auf eine größere Wirklichkeit. Schließlich verliest Bürgermeister Hans Dieter von Fintel die Hohenmölsener Erklärung, die ein deutliches Wort gegen jeglichen rassistischen und diskriminierenden Gedanken spricht und im Lauf des Tages von hunderten Menschen unterzeichnet wird.
Den ganzen Tag über dauert das bunte Fest auf Marktplatz und Altmarkt. Immer wieder kommen Menschen und knüpfen am bunten Band weiter, das schon am Vormittag die ganze Kirche umspannt und immer weiter wächst. In der Kirche werden Wünsche und Gebete auf Poster geschrieben und Kerzen entzündet. Musikgruppen singen und spielen auf. Im Pfarrhaus können sich Menschen bei Kaffee und Kuchen aufwärmen, die dem Regen getrotzt haben. Friedlich ist der Tag verlaufen. Auch die Polizei, die stark aber unauffällig präsent ist, zeigt sich zufrieden.
Als sich zum Abschluss des Tages die Stadtkirche St. Peter noch einmal füllt, ist Pfarrer Wisch sichtlich bewegt. Im Rahmen des Konzertes für Orgel und Saxophon dankt er allen, die sich an diesem Tag beteiligt haben – den vielen Menschen, die im Vorfeld eine wunderbare Arbeit gemacht haben und den vielen, die gekommen sind und den grau-braunen, regnerischen Tag mit Farbe, Wärme und Menschlichkeit verwandelt haben.
(Text: Matthias Keilholz)